Was ist Qì
Qì ist das chinesische Wort für Lebensenergie / Lebenskraft.
Im taoistischen Werk Huai Nan Zi steht:
“Das Tao entstand aus Leere, und Leere formte das Universum. Das Universum gebar das Qì …. Das Leichte und Klare strebte nach oben, um den Himmel zu bilden, das Schwere und Trübe verfestigte sich und formte die Erde.”
Der Himmel ist Yáng, die Erde ist Yin. Der Yáng-Aspekt des Qì ist Energie, der Yin-Aspekt des Qì Materie – wenn auch sehr feinstoffliche.
Im folgenden werden die unterschiedlichen Grundeigenschaften, die dem Qì in der traditionellen chinesischen Medizin und auch im Kung Fu, Tai Ji und Qì Gong zugeordnet werden, aufgezeigt:
1. Qì ist Bewegung und Fluss der Lebenserscheinungen – es kann aber auch stagnieren und sich verfestigen.
2. Qì ist die Quelle aller Bewegung im Körper. Somit von der unbewusst gesteuerten Bewegung der Atmung und Darmperistaltik über die willkürlichen Bewegungen der Skelettmuskulatur, den elektrischen Reizleitungen der Nervenzellen, dem Fluss der Körpersäfte bis zur pulsierenden Bewegung der Zelle als Grundlage ihrer jeweiligen Funktion (die sezernierende Funktion der Drüsenzelle, die Stoffwechselfunktion der Leber- und Endothelzelle oder der kontraktilen Funktion der Muskelzelle)
3. Qì ist die energetische Grundlage sowohl von anatomischen und physiologischen als auch von geistigen und seelischen Funktionen. Die fortwährende Bewegung des Qì innerhalb des Organismus zeigt sich in der Aufrechterhaltung von Herzschlag, Kreislauf und Atmung, als dynamische Kraft aller Stoffwechselprozesse, in physischer Bewegung, im Wahrnehmen, Empfinden und Fühlen, im analytischen und intuitiven Denken, in Wachstum und Entwicklung.
4. Qì schützt den Körper vor äusseren Krankheitsfaktoren – sowohl vor krankmachenden Wetter- und Klimaeinflüssen wie Kälte, Wind, Feuchtigkeit, Trockenheit und Hitze, als auch vor Bakterien, Pilzen und Viren. Sind äussere Krankheitsfaktoren in den Organismus eingedrungen, ist das Ausmass des uns zur Verfügung stehenden Qì entscheidend für Dauer und Ablauf des Abwehr- und Heilungsprozesses.
5. Qì existiert in unterschiedlichen Formen der Verdichtung. Es ändert seine Form in Abhängigkeit von Lokalisation und Funktion. Wenn Qì sich extrem verdichtet, wandelt sich Energie in Materie um und häuft sich als physische Form an. Ein blockierter Fluss des Qì führt zu Verkrampfungen und Schmerzen, ein über längere Zeit gestörter Fluss des Qì zu Gewächsen, Knoten, Tumoren.
6. Qì wärmt den Körper und reguliert die Körpertemperatur.
Die Hochkulturen Indiens und Chinas haben schon vor drei- bis viertausend Jahren Meditationstechniken und Heilungsmethoden entwickelt, um durch die Erhöhung und Konzentration der vitalen Essenz Krankheiten vorzubeugen und zu heilen.
In Indien waren dies vor allem die verschiedenen Systeme des körperlichen und geistigen Yoga, wie zum Beispiel Hatha-Yoga, Bhakti-Yoga und Raja-Yoga. In China wurden schon damals verschiedene Formen des Qì differenziert wahrgenommen und zur Heilung verwendet.
Im Yoga wird die vitale Essenz Prana genannt. Während der indische Begriff des Prana
immaterielle Lebensenergie oder götticher Atem
bedeutet, wird der Begriff Qì in China als
Lebensenergie in verschiedenen Verdichtungsgraden gesehen.
Dies entspricht den Grundzügen nach auch dem Konzept des Masse-Energie-Kontinuums in der modernen Teilchenphysik.
Die meisten alten Kulturen haben das Konzept einer universell vorhandenen Lebenskraft, die in der Luft, im Wasser, in der Erde, in Pflanzen, in Tieren und ebenso im menschlichen Organismus zirkuliert. Es handelt sich dabei um eine vitale Essenz jenseits der subatomaren Strukturen – einer Energie, die in allen Formen der Materie vorhanden und in lebenden Organismen konzentriert ist.
Vgl. Eckert, A. (2005). Acht Wundermeridiane: Psychische und physische Funktionen der außerordentlichen Gefäße. Wien: Dào Verlag